Ode an den Hausmeister (Unvollendete)

Präambel

Dieser Text liegt nun schon seit vielen Jahren auf meiner Festplatte herum, leider ohne dass ich ihn je fertig gestellt hätte.

Er stammt noch aus meiner Studienzeit und war als Abrechnung mit einer mir nicht übermäßig sympathischen Person gedacht. Gemäß dem Motto "Die Tastatur ist stärker als das Schwert" wollte ich damals auf Nummer sicher gehen und die Befriedigung meines fast schon pathologischen Hasses nicht durch einen schnöden Akt der Gewalt in Frage stellen.

Mein Hausmeister jedoch hatte ein geradezu unglaubliches Glück:
Bevor ich meine eher nebulösen Vorstellungen darüber, was ich mit ihm anstellen wollte, in klare Gedanken fassen und auf dem Monitor finalisieren konnte, war ich auch schon aus der Wohnung ausgezogen.

So harrt also dieser nicht einmal halb fertige Ausfluss puren Zornes verbittert seiner Vollendung - und sollte ich eines Tages wieder einmal einer ähnlichen Person begegnen, werde ich sie mit Sicherheit in dieser historischen Tirade gebührend würdigen.

Ode an den Hausmeister

Ich habe gute Laune. Ich habe etwas Kopfschmerzen, weil ich unter einer Grippe leide, die ich mir zur Zeit mit meinen Kommilitonen wie Pingpongbälle zuspiele, aber sonst geht es mir gut.

Ein wenig leide ich allerdings unter unseren Nachbarn. Nein, falsch, ich leide nicht unter den Nachbarn, nur unter einer Person aus der Nachbarwohnung. Der Rest ist ganz in Ordnung, sofern er nicht rüberkommt.

Nicht unwichtig ist in diesem Zusammenhang unsere Wohnlage. Ich lebe in einer Wohngemeinschaft in einem verschlafenen Dörfchen, das hinterhältigerweise den Titel "Stadt" trägt - der Teufel mag wissen warum. Unsere WG hat nichts mit diesen subversiven Kommunen zu tun, die man sich gemeinhin vorstellt, wenn man das Wort "WG" hört. Nein, wir sind ganz normale junge Leute Ende zwanzig, rauchen, trinken, hören viel zu laute Musik und gehen unserem Hausmeister mit unserer Unordnung auf den Geist und unserem Studium nach. Eine ganz normale Situation also, wie sie in Deutschland überall zu finden und keineswegs ungewöhnlich oder überraschend ist.

Wir sind zu fünft und bewohnen ein komplettes dreistöckiges Haus in einer Reihenhaussiedlung, das heißt, alle Häuser stehen stramm in Reih und Glied wie beim Appell, oder, wem die Formulierung lieber ist, wie Ölsardinen in der Büchse, dicht an dicht. Es gibt deswegen auch nur eine gemeinsame Trennwand zwischen den Häusern, und genau diese ist das Problem.

Links von uns wohnt der Hausmeister mit seiner Familie, der in seiner Freizeit, und davon hat er viel, sich liebevoll um "seine" Mitmieter kümmert. Das bedeutet unter anderem, er observiert unsere Mülltonnen, ob wir auch schön unseren Abfall getrennt haben: Weintüten und Pizzaschachteln in den gelben Sack (die Reste eines guten Mittagessens), Monatsbinden und Aschereste in den Restmüll. Sollte sich einmal aus Versehen mal ein unschuldiges gebrauchtes Kondom in das überaus formschöne, reißfeste und diskrete Behältnis des "Dualen Systems Deutschland" verirrt haben - was ja auch nicht richtig ist, denn wer will das schon wiederverwenden? - klebt nach grob geschätzt viereinhalb Minuten ein großformatiger Zettel mit ebenso großformatiger Schrift an unserer Haustür, der nicht nur für uns gut sichtbar ist:

Bitte entsorgen Sie Ihre Lümmeltüten in den Restmüll!
Hochachtungsvoll, usw.

Ja, er ist schon ein echter Lyriker, unser Hausmeister, immer für eine Metapher gut. Besonders das "Hochachtungsvoll" entbehrt nicht einer gewissen Ironie und reizt mich immer wieder. Allerdings nicht zum Lachen.